Lingen: Wir lernen Frau Hopster kennen

Die Aktion der Atomkraftgegner*innen,
die sich zum Jahresende im Emsland, Lingen,
abseilten,
auf dem ANF Gelände, der Fabrik für Brennelemente,
und sich beeilten
ein Banner zu droppen,
mit der Forderung nach „Shut Down“,
die Atomkraft zu stoppen,
wird nun vom Amtsgericht Lingen verurteilt und abgestraft.

Prozessbericht 2:
Am 22.07.24 im Prozess gegen eine Atomkraftgegnerin durften wir die Frau Richterin Hopster (im Folgenden: RH) kennenlernen. Sie ist ungeduldig. Im Laufe des Prozess kam auch der Verdacht auf, sie würde den Prozess als solchen gar nicht würdigen und einfach so schnell wie möglich fertig werden wollen. Dieser Verdacht wurde u.a. auch in zwei Befangenheitsanträgen ausgedrückt, aber vom Richter Dr. Ludes abgelehnt. Na, traf wohl doch nicht zu. Spätestens nach dem ersten Befangenheitsantrag war RH sichtlich eingeschnappt. Sie betonte zwar „Das ist ein absolut faires Verfahren“, aber war sich dann auch nicht zu schade, die Verteidigung beim Vorlesen von Anträgen nach den Beweistatsachen zu unterbrechen oder im späteren Verlauf des Verfahrens kurz durchzusehen – und dann abzulehnen. Dabei hatte RH vorher mehrfach hoch und heilig versprochen, die Beweisanträge an die Verteidigung zum Vorlesen in Gänze zurück zu geben – dem wird zwar nicht geglaubt, aber diese dreiste Lüge ist schon bemerkenswert. Die Beweisanträge rund um den Notstandsparagraphen § 34 StGB waren übrigens „alle wurscht“ und wurden als unerheblich abgelehnt. „Das können Sie dann ja in der Revision oder im Berufungsprozess anfechten“.
Andere Beweisanträge tat sie entweder, ohne sie im Detail anzuhören oder zu diskutieren, als wahr weil für den Prozess gegenstandslos ab, oder lehnte sie direkt ab. Der Angeklagten warf sie im Einvernehmen mit dem Staatsanwalt Stahl vor, dass sie sich ja einen Anwalt mit mehr Ahnung hätte nehmen können und dass diese selbst schuld sei wenn sie sich laienverteidigen lässt. Ganz unabhängig davon was Mensch dazu denkt – es hätte einen solchen Anwalt geben sollen, nur konnte der am angesetzten Termin nicht. Die RH war jedoch nicht gewillt den Termin zu verschieben und so stand die Angeklagte dann ohne professionelle anwaltliche Unterstützung da. Immer wenn also die Angeklagte und ihre Laienverteidigung etwas länger brauchten um sich kurz zu besprechen oder wenn sie Zeit brauchten ihre Anträge niederzuschreiben – reagierte die RH zuerst mit einer Art Augenrollen, dann wurde der Blick böse. Sie kann sehr böse schauen. Dann der erste Kommentar, dann der Zweite. Und so weiter.. Das Publikum beobachtete das Schauspiel gespannt in der Ungewissheit, ob die RH denn irgendwann platzen würde vor Ungeduld. Streitfragen gab es in dem Prozess auch. Da mussten zum Beispiel die Hüte der Angeklagten und der Verteidigung ausgezogen werden, es gab kurz Streit zwischen Richterin und Publikum ob es nun Angaben zum Beruf der Angeklagten bräuchte oder nicht und ob die Angeklagte sich zwei Dosen Ananasscheiben, die als Atommüll bemalt waren, mit auf die Anklagebank nehmen dürfe oder nicht. Die Angeklagte wollte darauf in einem der Beweisanträge zu sprechen kommen – aber dafür war an diesem Tag jedoch keine Zeit mehr – die RH wollte schließlich fertig werden und die Beweisanträge dafür konnten nicht verlesen werden. Es wurden auch zwei Polizisten vernommen. Als die Befragung von Seiten der Angeklagten der RH zu lange dauerte, begann sie schließlich für die Polizisten zu antworten und warf der Angeklagten vor, immer wieder dieselben Fragen zu stellen. Der darauf folgende Befangenheitsantrag
wurde abgelehnt. Beide befragten Polizist*innen (PK Kruse und PHK Cristoph) – und das ist schon arg – blieben nach ihrer Befragung als „interessierte Öffentlichkeit“ im Saal und wohnten dem weiteren Prozess bei. Die RH hatte da auch gar nichts dagegen und weigerte sich trotz wiederholter Anfrage, Rüge und Befangenheitsantrag, dagegen etwas zu unternehmen. Die Zeugen werden auch noch in weiteren, parallelen Fällen geladen werden und aussagen. Scheinbar – so deren Aussage, kennen sie sich gar nicht, sind schließlich in unterschiedlichen Einheiten. Der eine – Staatsschutz in Lingen, der andere – Bereitschaftspolizeioberst in Osnabrück. Sie schienen die Idee, sich vor Gericht zu verteidigen nicht so toll zu finden – sie fielen der weiteren Öffentlichkeit mit gemurmelten Aussagen wie „So ein Schwachsinn“ auf. Der Vorwurf an sich, Hausfriedensbruch, wurde zwar von der Verteidigung diskutiert (so ist der Zaun der Brennelementefabrik häufiger löchrig und weist einige Löcher auf), aber von der Richterin immer wieder abgewiegelt und abgekürzt. So richtig fair war das alles irgendwie nicht an diesem Prozesstag. Die Angeklagte konnte erst in ihren letzten Worten überhaupt auf den Notstandsparagraphen zu sprechen kommen und nutzte die sich dort bietende Gelegenheit, zumindest in Ansätzen zu erklären was das Problem mit der Atomkraft, den Brennelementen, dem Joint Venture usw.usf. ist. Sie bekam auch nur 10 Minuten zur Vorbereitung anstatt der geforderten 30 – aber RH wollte auch endlich mal fertig werden. Der Prozesstag endete um ca. 1800 (also 8 Stunden nach Verhandlungsbeginn und sehr wenigen Pausen). Doch leider nicht wie erhofft (aber wie zu erwarten nach diesem Tag) mit der Einsicht der RH und des Staatsanwaltes Stahl – sondern mit 45 Tagessätzen zu je 30€. Damit ging RH über die Forderung im Strafbefehl (30 TS) und die Forderung der Staatsanwaltschaft (40 TS) hinaus. Es wird noch weitere Prozesse mit der RH geben – haltet euch auf dem Laufenden auf https://nirgendwo.info/lingen/
und kommt gerne zu den Prozessterminen.
Solidarische und nette Menschen helfen, solche Tage zu ertragen.

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