Am Montag, den 18. März 2019 beginnt um 10 Uhr vor dem Landgericht Hamburg der sechste und voraussichtlich letzte Prozesstag gegen eine Aktivistin, der vorgeworfen wird, einer angeketteten Person Wasser gereicht zu haben.
Der Vorwurf ist denkbar absurd: Als sich im Sommer 2014 im Güterbahnhof Hamburg Süd (Veddeler Damm) mehrere Anti-Atom-Aktivist_innen an Gleise ketteten, um einen Gütertransport mit nachweisbar falsch geladenen Urancontainern zu stoppen, soll die jetzt Angeklagte einer der Angeketteten eine Wasserflasche gereicht haben. Das Strafverfahren gegen die Aktivistin, die sich angekettet hat wurde ohne Auflage eingestellt. Doch das Wasser-Reichen stellt nach Ansicht der Staatsanwaltschaft eine Beihilfe zu Störung öffentlicher Betriebe und Nötigung dar.
Das Amtsgericht Harburg hatte die Aktivistin in erster Instanz bereits verurteilt, weshalb sich nun das Landgericht in der Berufung mit dem Fall befasst. Verhandelt wird in einem Hochsicherheitssaal mit Trennscheibe und zusätzlich angeordneten Einlasskontrollen direkt vor dem Saal. Begründet werden diese martialischen Kontrollen damit, dass das Gericht Solidaritätsbotschaften für die Angeklagte per Fax erhalten habe.
„Wenn Botschaften per Fax eine Gefährdungslage begründen, falsch beladene Atomtransporte im Hamburger Hafen aber nicht, dann zeigt das deutlich, wen die Gerichte schützen und wen sie verurteilen“, so die Zuschauerin Hanna Poddig. Am letzten Verhandlungstag hatte das Gericht bereits in diversen Beschlüssen betont, dass es vollkommen irrelevant sei, unter welchen Arbeits- und Umwelt-Bedingungen das Uran abgebaut werde, wie gefährlich die Anlagen in Südfrankreich seien in denen es weiterverarbeitet wird und auch wie altersschwach die Reaktoren seien in denen es im Endeffekt eingesetzt würde. „Es ist makaber, aber wahrscheinlich muss es erst mitten in Hamburg zu einer Freisetzung radioaktiven Materials kommen bis Gerichte verstehen, dass Atomindustrie tödlich ist“.
Nach wie vor passieren zahlreiche Atomtransporte Hamburg: Vom Uranerzkonzentrat über das hochtoxische Uranhexafluorid bis hin zu Brennelementen. „Hamburg ist nach wie vor Drehscheibe der Atomindustrie“, so Poddig. „Solange das so bleibt, werden wir auch weiter protestieren“.
Weitere Informationen zu den Atomtransporten durch Hamburg: atomtransporte-hamburg-stoppen.de
Eine Übersicht über den bisherigen Lauf des Verfahrens gibt es hier