Im Prozess um eine Ankettaktion 2014 gegen einen Urantransport ist jetzt mal wieder ein Urteil in Hamburg gefallen: Strafbar ist das Halten eines Transparents (in erster Instanz war es noch die Versorgung einer angeketteten Person mit Lebensmitteln). Wegen Mittäterschaft zu Nötigung und Störung öffentlicher Betriebe wurde eine Atomkraftgegnerin zu 30 Tagessätzen je 15 Euro verurteilt.
Der letzte Prozesstag begann mit Konfetti im Gericht zum Geburtstag der Angeklagten, was die Richterin sehr verärgerte und sie sofort zum Anlass nahm, erst mal ein Putzteam zu bestellen. Nach dieser Verzögerung gab es erneute Auseinandersetzungen um das nicht-Erheben zum Eintritt des Gerichts. Die Richterin meinte, sie würde das Oberlandgericht entscheiden lassen, wann Sitzungsbeginn sei (ob an jedem Tag oder nur am ersten), was wichtig ist, weil mensch nur zu Sitzungsbeginn aufstehen muss. Trotzdem verhängte sie weitere Ordnungsgelder und gab auch einem Antrag nicht statt, der mit politischer Begründung forderte, die Ehrerbietungsrituale in der Gerichtsverhandlung zu unterlassen. Einen Antrag auf ordnungsgemäße Zelebration des Geburtstags mit Konfetti lies die Richterin erst gar nicht zu Ende verlesen.
Vier Beweisanträge, die unter anderem die Lagerung von Uran im Hamburger Hafen thematisierten, wurden erwartungsgemäß ohne lange drüber nachzudenken abgelehnt. Die Verteidigung verweigerte ein längeres Plädoyer, da das Urteil sowieso schon feststehe. Dann forderte die Staatsanwaltschaft 50 Tagessätze.
Nach der Mittagspause gab es vor dem Urteil dann noch Tumult: Eine Zuschauerin wurde rausgeworfen, weil sie auf einem Geländer des Gerichts an der Treppe nach unten gerutscht war – was auf Nachfrage explizit nicht von der Hausordnung verboten ist. Legal, illegal, scheißegal war das in dem Punkt auch den Justizwachteln, welche die Person aus dem Gebäude entfernten. Ein Antrag auf Wiederzulassung der Person zum Urteil und eine Rüge dazu wurden von der Richterin schlichtweg nicht mehr zugelassen. Auch beim Urteil brachte sie die Angeklagte nicht zum Aufstehen, schmiss aber bei der Urteilsbegründung schnell noch mal eine der Verteidiger*innen aus dem Saal.
So endet der Prozess wie er begonnen hat mit Auseinandersetzungen um Macht des Gerichts und des Justizpersonals und mit der Feststellung, dass Versammlungsrecht in Hamburg nichts gilt – wie beim parallel stattfindenden G20-Elbchaussee-Prozess, wird bereits die Teilnahme an einer Versammlung unter Strafe gestellt. Die Verurteilung wird aber nichts daran ändern, dass Atomkraftgegner*innen in Hamburg und überall selbst über ihre Aktionsformen entscheiden und sich nicht davon abhalten lassen, Atomtransporte auch direkt zu stoppen.
Rechtsmittel wurden eingelegt, über den weiteren Fortgang werden wir euch hier informieren. Danke an alle, die solidarisch an den verschiedenen Prozesstagen da waren.