In Gedenken an Sébastien

Zum 10. Todestag von Sébastien Briat, der 2004 vom CASTORzug erfasst und getötet wurde, wird es in einigen Städten Kundgebungen geben. Bei CASTOR-Transporten nimmt die Polizei direktem Einfluss auf das Einhalten – oder nicht – von den Sicherheitsregeln der Bahn. Im Falle von Sébastien führte dies zu seinem Tod.

Ausgerechnet wenige Tage vor diesem traurigen Jahrestag kommt ein weiter Umweltaktivist bei einer Demo in Frankreich ums Leben. Rémi Fraisse wurde am 26.10. um 2 Uhr bei einer Demonstration gegen den Bau eines Staudammes in Testet (Süd-West-Frankreich) durch die Explosion einer Polizei-Granate getötet.  (Bericht) Repression, das sind nicht nur Gerichtsverfahren gegen AktivistInnen. Repression tötet auch.

Hier der Text diverser Intiativen aus Lüneburg , Uelzen und dem Wendland zu den Gedenkveranstaltungen für Sébastien um den 7. November 2014.

“Vor zehn Jahren – Am 7. November 2004 wurde der französische Atomkraftgegner Sébastien Briat vom Castor-Zug aus dem französischem La Hague nach Gorleben nahe der Stadt Avricourt erfasst und getötet. Die genauen Umstände, die zu diesem Unglück führten, wurden nie zweifelsfrei geklärt. Fest steht, dass Sicherheitsvorschriften seitens der französischen Bahn nicht beachtet wurden. Der Zug fuhr viel zu schnell, um rechtzeitig bremsen zu können. Der Begleithubschrauber war gerade beim Tanken. Der Zug sollte eine Verspätung aufholen, die durch eine vorausgegangene Blockade entstanden war. Der damals 22-jährige Sébastien wurde vom Zug erfasst, als er gerade die Gleise verlassen wollte.

Sébastien wuchs mit Vater, Mutter und zwei jüngeren Schwestern in einem kleinen Dorf in Lothringen auf. Er war ein guter Schüler und “eher bescheiden”, wie sich ein Lehrer erinnert.

Sébastien spielte seit seiner Jugend Rugby, war die Nummer 9 in seinem Club. Vor seinem Tod war er mit Menschen zusammen, die Spaß an Musik, Straßentheater und Zirkus hatten, in den Tag hinein zu leben und sich “Car´pe Diem” nannten. Sie träumten davon, einen alten Bus umzubauen, um damit loszuziehen. Sébastien machte sich gerne überall nützlich, sagen Freund_innen. Sie nannten ihn “Liebling”. Zudem engagierte er sich in einer Anti-Atom-Gruppe, die gegen ein Untergrundlabor in Bure kämpfte, das nach einer Tiefenerkundung zum Endlager für hochradioaktiven Abfall in Frankreich werden soll.

Sébastien war ein ausgesprochen lebenslustiger, lebendiger Mensch, der für das Leben gekämpft hat. Uns verbindet der gemeinsame Widerstand gegen ein Herrschaftssystem, das menschenverachtend aus ökonomischen und politischen Interessen die Atomtechnologie durchsetzt. Sébastien wollte mit einer Gruppe den Castortransport aufhalten. Die Anti-AKW-Bewegung in Frankreich und in der BRD hatte dazu aufgerufen, sich diesem Transport zu “widersetzen”, sich “querzustellen”. Eine Ver- und Behinderung der Atomtransporte stört die Atom-Energie-Produktion und damit auch die Produktion neuen Mülls empfindlich und demonstriert, dass das Atomprogramm politisch nicht akzeptiert wird.

Mit der Reaktorkatastrophe von Fukushima wurde erneut deutlich, dass das “Restrisiko” der Atomenergie nicht beherrschbar ist. Und der Ausstieg aus der Laufzeitverlängerung hat keineswegs eine Neuausrichtung der Energiepolitik gebracht: “Moderne” Atommeiler sollen noch bis ins nächste Jahrzehnt hinein am Netz bleiben, jährlich hunderte Tonnen hochgiftigen Atommülls produzieren und das Risiko eines GAUs der Atomanlagen täglich reproduzieren. Und obwohl bald “ergebnisoffen” nach einem Standort für ein atomares “Endlager” gesucht werden soll, ist klar: Es kann kein sicheres “Endlager” oder “Zwischenlager” geben! Die Sanierungsfälle Asse und Morsleben machen dies überdeutlich. An der Notwendigkeit, selbst für den Atomausstieg und für dezentrale, basisdemokratisch verwaltete Energieversorgungssysteme aktiv werden zu müssen, ändert der “Ausstieg” der Bundesregierung nichts: Die Urananreicherungsanlage in Gronau bleibt genauso unbehelligt, wie die Regierung an ihren Bürgschaften für den Export deutscher Atomtechnologie nach Brasilien festhält. Auch der zerstörerische Uranabbau soll vor allem im globalen Süden weitergehen.

Nicht trotz, sondern gerade wegen des “Atomausstiegs light” der Bundesregierung gibt es ausreichend Gründe gegen die menschenverachtenden Machenschaften der Atomindustrie und ihrer Unterstützer_innen in der Politik entschieden zu protestieren und Atommülltransporte mit kreativen und entschlossenen Protestaktionen zu begleiten, zu stoppen – überall!

Für uns ist weiterhin klar: “Atomausstieg bleibt Handarbeit!”. Wenn wir unsere Vorstellungen von einer Energieversorgung im Interesse aller Menschen und der Umwelt gegen die Pläne von Regierung und Wirtschaft durchsetzen wollen, müssen wir selbst aktiv werden und werden auch weiterhin die Castortransporte blockieren.

Sébastien starb, als er sich zu Wehr setzte. Unsere Abscheu und unsere Wut und unser Widerstand richten sich gegen die, die Tote billigend in Kauf nehmen, um ihre Macht- und Profitinteressen durchzusetzen. Sébastien kämpfte für das Leben. Wir werden seinen Kampf fortführen und sein Andenken bewahren.”

Kundgebungen und Veranstaltungen in Lüneburg, Uelzen, Hitzacker und Gorleben

Freitag, 7. November 2014
18 Uhr
Kundgebung
Bahnhof – Lüneburg

Freitag, 7. November 2014
20 Uhr
Lesung mit Cécile Lecomte (in ihrem Buch gibt es Texte zu Sébastien Briat)
SoZ – Uelzen

Samstag, 8. November 2014
19 Uhr
Lesung mit Cécile Lecomte (in ihrem Buch gibt es Texte zu Sébastien Briat)
Café Albis, Haupstraße 3 – Hitzacker

Sonntag, 9. November 2014
12:30 Uhr
Mahnwache und Einweihung einer Gedenktafel
Salinas Gelände – Gorleben

Unterstützer des Aufrufes: BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e. V., BI Umweltschutz Uelzen, JANUN Lüneburg, Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen, Robin Wood Lüneburg, Rostocker Anti-Atom Netzwerk ,  AntiAtom Bündnis NordOst

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Eine Antwort zu In Gedenken an Sébastien

  1. Gandalf sagt:

    Am 7.November wird es mittags eine Mahnwache in Gedenken an Sébastien und Rémi auf dem Obermarkt in Freiberg geben, mitorganisiert von der AG-Umwelt des StuRa der TU Freiberg.

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