Lingen: Und täglich grüßt das Amtsgericht

Hausfriedensbruch setzt voraus, dass ein Gelände „umfriedet“ ist. Keine*r der Zeug*innen konnte jedoch irgendwas zu Zustand und Vorhandensein von Zäunen sagen, schlicht weil keine*r von ihnen sie sich angeguckt hatte, und an den Angeklagten erinnerte sich auch keine*r. Das war Richter Wulftange allerdings egal und er verurteilte zu 40 Tagessätzen zu je 10 Euro.

Doch zurück auf Anfang: 25.7.24: Wir befinden uns am Lingener Amtsgericht, es ist der zweite Tag in der Verhandlung gegen Simon. Der konnte allerdings selbst nicht anwesend sein und hatte das auch im Vorfeld dem Gericht mitgeteilt. Doch das war dem Richter egal. Seine Wahlverteidigung bestritt den Prozesstag also alleine, bei einer Verhandlung von 11 Uhr vormittags bis 19 Uhr abends eine durchaus anstrengende Sache.

Der zweite Verhandlungstag war notwendig geworden, weil sich keiner der Zeugen des ersten Tages an den Angeklagten erinnern konnte. Das war (nicht zuletzt natürlich allein schon aufgrund seiner Abwesenheit) am zweiten Tag auch nicht möglich, aber Richter Wulftange egal. Er umging die Schwierigkeit der fehlenden Identifizierung dadurch, dass er den Zeugen vernahm, der die Personalien von Simon damals aufgenommen hatte. Der konnte sich zwar ebenfalls an nichts erinnern, sagte aber aus, dass es auf jeden Fall Simon gewesen sei, wenn er das damals so aufgeschrieben habe. Er sagte damit exakt das, was das Gericht hören wollte. Vielleicht auch das, wovon er selbst überzeugt ist. Wir hingegen nicht. In der Kälte einer unstrittig windigen Silvesternacht auf einem unbeleuchteten Dach ist es mehr als wahrscheinlich, dass Menschen Schals und Mützen oder ähnliches tragen. In einer Aktionssituation wie einer solchen, zeigt jede aktivistische Erfahrung, dass die Polizei wenn überhaupt einen sehr flüchtigen Blick auf das Foto des Personalausweises und die vor ihnen stehende Person wirft, bevor sie die Daten abschreibt. Aber mit der Realität haben Selbstdarstellung von Polizeizeug*innen vor Gericht und gerichtliche Einschätzungen von Polizeiverhalten ja ohnehin oft herzlich wenig gemeinsam. Der Zeuge zeigte dann auch noch sein Notizheft mit den abgeschriebenen Personalien vor und das Gericht war zufrieden und wollte die Beweisaufnahme schließen. Weiterlesen

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Dies, das, Ananas: Von Erich Fromm, Prozessen und Atommüll

Wir dokumentieren im folgenden Ausschnitte aus der der am 22.7. im Prozess verlesenen Einlassung:

Erich Fromm schrieb vor einigen Jahrzehnten:

Die Menschheitsgeschichte begann mit einem Akt des Ungehorsams, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie mit einem Akt des Gehorsams ihr Ende finden wird. [er bezieht sich dabei auf Mythen wie die von Eva und Adam oder von Prometheus] … Wenn auch die Fähigkeit zum Ungehorsam den Anfang der Menschheitsgeschichte darstellte, so könnte doch der Gehorsam sehr wohl deren Ende sein. Ich sage das nicht im symbolischen oder poetischen Sinn. … Tatsache ist, dass wir zwar technisch im Atomzeitlater leben, dass aber die meisten Menschen – einschlieslich all derer, die an der Macht sind – emotional noch in der Steinzeit leben.

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Lingen: Wir lernen Frau Hopster kennen

Die Aktion der Atomkraftgegner*innen,
die sich zum Jahresende im Emsland, Lingen,
abseilten,
auf dem ANF Gelände, der Fabrik für Brennelemente,
und sich beeilten
ein Banner zu droppen,
mit der Forderung nach „Shut Down“,
die Atomkraft zu stoppen,
wird nun vom Amtsgericht Lingen verurteilt und abgestraft.

Prozessbericht 2:
Am 22.07.24 im Prozess gegen eine Atomkraftgegnerin durften wir die Frau Richterin Hopster (im Folgenden: RH) kennenlernen. Sie ist ungeduldig. Im Laufe des Prozess kam auch der Verdacht auf, sie würde den Prozess als solchen gar nicht würdigen und einfach so schnell wie möglich fertig werden wollen. Dieser Verdacht wurde u.a. auch in zwei Befangenheitsanträgen ausgedrückt, aber vom Richter Dr. Ludes abgelehnt. Weiterlesen

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Termine, Termine, Termine vor dem AG Lingen

Ein nächster Prozess in den Verfahren wegen der Kletteraktion Silvester 22/23 steht an. Aus terminlichen Gründen wurde mehrfach versucht, den Prozess zu verlegen – die Richterin zeigte sich allerdings sehr renitent und beharrte auf dem Termin. Daher hier nun der sehr kurzfristige Hinweis auf den nächsten Termin am Montag, den 22.7. um 10 Uhr. Die angeklagte Person freut sich über Menschen im Publikum. Vorwurf ist Hausfriedensbruch.

Außerdem geht der letzte Woche begonnene Prozess gegen Simon ebenfalls kommende Woche weiter, nämlich am 25.07.2024 um 11 Uhr. Auch hier ist Publikum sehr gern gesehen.

Eine Zusammenlegung der Verfahren hat das Gericht abgelehnt, daher die zahlreichen Einzeltermine…

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Prozessbericht zum 16.7. in Lingen: Nach dem Prozess ist vor dem Prozess

An  verschiedenen Orten auf der Welt wird Uran unter Scheiß-Bedingungen für Mensch und Umwelt abgebaut. Es wird mit Zügen, Schiffen  und LKWs durch die Welt geschippert, angereichert, Brennelemente daraus gebaut und so weiter und so fort. All diese Schritte produzieren radioaktiven Müll der verdammt lange strahlt und Krieg wird damit auch noch geführt. Eigentlich sollte klar sein, dass das nicht so schlau ist, aber Staaten und Konzerne sind halt nicht von der schlauen Sorte und mehr an Gewinn und Wachstum interessiert. Weil sie das nicht zugeben können, findet heute dieses Schauspiel statt, ich wünsche viel Vergnügen.

Mit diesen Worten ging es heute zum Auftakt einer neuen Prozesserie am Amtsgericht Lingen um 9 Uhr los. Wie schon häufiger in der Vergangenheit gibt es heute wieder einen Prozess rund um die Brennelementefabrik. Heute stand Simon vor Gericht.  Weiterlesen

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Gerichtstermine in Lingen

Am morgigen 16. Juli beginnt in Lingen vor dem Amtsgericht der erste von voraussichtlich sieben Prozessen. Vorwurf ist Hausfriedensbruch, Beginn ist um 9 Uhr im Saal Z 16.

Weitere Infos hier

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Letzter Prozess wegen Blockade der Brennelementefabrik in Lingen ohne Verurteilung beendet


Im Januar 2019 wurde die Brennelementefabrik Advanced Nuclear Fuels (ANF) in Lingen von Anti-Atom-Aktivist*innen für über 5 Stunden blockiert. Im Vorhinein zu der Aktion kam es zu einem Brand in der Fabrik. Bei diesem Brand verschwanden unter anderem ca. 1000 Liter Wasser, welches radioaktiv ist. Auf diesen Brand folgten keine Konsequenzen. Aus diesem Grund und um für die sofortige Stilllegung aller Atomanlagen überall zu protestieren, blockierten Aktivist*innen im Januar 2019 die ANF mit der klaren Parole: „Atomkraft ist Brandgefährlich“.

Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht versuchten daraufhin in einem 5-jährigen Prozessmarathon die Aktivist*innen zu kriminalisieren. Am heutigen Tag (13.06.24) ging nun der letzte Prozess mit einem Freispruch und zwei Einstellungen zu Ende. Zwei angeklagte Aktivist*innen nahmen eine Einstellung mit der Auflage einer Zahlung an Sea-Watch e.V. an, da sie es nach den desaströsen Wahlergebnissen als wichtig ansehen Organisationen zu stärken, die sich gegen das Sterben-Lassen im Mittelmeer durch die EU einsetzen. Somit kam es trotz den Versuchen legitimen und notwendigen Widerstand zu kriminalisieren zu keiner Verurteilung nach der Aktion.
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Alle Jahre wieder vorm Amtsgericht in Lingen (13.6.)

Blockade von ANF, Januar 2019

UPDATE Mai 2024 – es gibt einen neuen Termin, am 13.6. um 08h30 Uhr AG Lingen

Es ist mal wieder soweit, ein Prozess vor dem Amtsgericht Lingen, wie schön!

Immer noch weil dort eine Brennelemente Fabrik betrieben wird, und wieder nicht gegen die Verantwortlichen. Also alles wie immer – Leider!

Tatsächlich geht es immer noch um die Tripod-Blockade im Januar 2019 !!!(als die Anlage trotz Protest nach dem Brand wieder hochfahren sollte) – wir sind die letzten 3 der 16 Angeklagten, die anderen Verfahren endeten mit Einstellungen und Freisprüchen.

Das Ganze ist jetzt 5 Jahre her und es hat sich nichts geändert…Atomkraft ist noch genauso verachtenswert wie vorher, dass sie gerade überall grün-gewaschen wird, macht es nur noch widerlicher! Der aktuelle Deal von Framatome mit dem russischen Staatskonzern Rosatom macht es noch schlimmer.

Wir freuen uns über solidarische Unterstützung im und um das Gericht (und vorm der Brennelementefabrik), also am Donnerstag, 13. Juni 2024 um 8h30 Uhr

Wer nicht glaubt, für wie kriminell uns die Behörden halten, soll auch gerne zum Prozess kommen und sich den extra für uns angeordneten Sicherheitskontrollen am Einlass unterziehen; vorzeitig kommen, Zeit mitbringen und Ruhe bewahren (oder lachen)

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Framatome: Was schert uns der Weltfriede? Es lebe der Hausfriede

In der Silvesternacht 2022-2023 erkletterten Anti-Atom-Aktivist*innen das Dach der Brennelementefabrik von framatome im niedersächsischen Lingen. Sie protestierten damit allgemein gegen den Weiterbetrieb der Anlage, im speziellen aber auch gegen die Ausbaupläne und die angestrebte enge Kooperation mit dem russischen Staatskonzern Rosatom.

Jetzt, exakt zum zweiten Jahrestags des Krieges in der Ukraine, flatterten bei den Aktivist*innen Strafbefehle ein: Sie sollen pro Person 900 Euro zahlen, denn sie hätten Hausfriedensbruch begangen.

„Angesichts der Gefahren für den Weltfrieden durch die Handlungen von framatome und rosatom erscheint es einigermaßen absurd, ein Transparent an der Außenfassade eines Gebäudes als Bruch des Friedens zu verfolgen.“ meint Johanna, eine der betroffenen Aktivistinnen. „Aber wir nehmen die Einladung gerne an: Wir haben Rechtsmittel eingelegt und freuen uns auf die Prozesse.“

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rechtswidrige ED (Miss)Behandlung

im Mai 2022 besetzten Aktivist*innen 2 Strommasten in Gronau, um der Betreiberin der Urananreicherungsanlage URENCO „den Saft abzudrehen“.( Bericht)

Die Anlage  läuft auch nach dem Abschalten der letzten AKW in Deutschalnd weiter. Die Aktion war nicht strafbar. Die Polizei dachte sich aber eine Ersatzbestrafung aus. Nämlich die Anordnung und gewaltsame Durchführung einer ED-Behandlung bei an der Aktion (vermeintlich) Beteiligten Aktivistis.

Eine Schwerbehinderte Aktivistin, die dabei verletzt wurde stand im Mai 2023 wegen Widerstand gegen die Beamten vor Gericht in Ahaus, das Verfahren wurde eingestellt.

Die Aktivistis gingen ihrerseits gegen die ED-Behanldung vor Gericht. Das Amtsgericht Bochholt gab zunächst der Polizei recht. Ohne die Kläger*innen anzuhören und ihnen Akteneinsicht zu gewähren. Vor dem Landgericht Münster  durften die Beschwerdeführer*innen die Akte einsehen: über 500 Seiten, waren zusammen gekommen!

Das Landgericht erklärte schließlich den Gewahrsam sowie die Anordnung der ED-Behandlung für dem Grunde nach rechtswidrig. Die EB-Behandlung von Personen deren Identität zweifelsfrei fest steht, zum Zwecke der Personalienfeststellung ist rechtswidrig. Ach ja…. welch ein Erkenntnis! Die ED Behandlung wurde durch POR Sühling angeordnet (aktuell auch Einsatzleiten bei den Probe-Castortransporten nach Ahaus). Schwer zu glauben, dass er das nicht gewusst hat… #Polizeiproblem

Auszug Beschluss: beschlossen: Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss aufgehoben. . Es wird festgestellt, dass die am 03. bzw. 04.05.2022 gegenüber der Beschwerdefihrerin durchgeführte erkennungsdienstliche Behandlung, einschließlich der damit verbundenen Freiheitsentziehung, rechtswidrig war.

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