Besigheim: Gegen Umweltaktivisten: Erst Gewalt, dann Repression

Während einer Blockade des AKW Neckarwestheim Ende April 2013 raste ein PKW durch mehrere Absperrungen bis in die Demonstration hinein. Der Fahrer, der ohne das Eingreifen der Protestierenden bei dieser massiven Gefährdung nicht nur einen von ihnen verletzt hätte,
wird von Polizei und Justiz geschützt. Diese geht gegen die eigentlich Betroffenen: Mit Polizeigewalt vor Ort und lächerlichen Ermittlungen und Anklagen im Nachgang. So soll ein Aktivist am Montag, 06.10.2014 um 11:00 vor dem Amtsgericht Besigheim wegen einer »Beleidigung« verurteilt werden: »Laber doch ned so ne Scheiße, Mann«, soll er zu
einem Polizisten gesagt haben.

Im Laufe der etwa 10-stündigen Blockadeaktion für einen sofortigen Atomausstieg durchbrach plötzlich ein PKW die Absperrungen und Transparente an der Zufahrt zum Gelände, die ihm die Sicht auf möglicherweise dahinter befindliche Personen versperrt haben müssen und fuhr in die Demonstartion hinein auf weitere hölzerne Blockadekonstruktionen – auf denen sich in fünf Metern höhe Menschen befanden – zu. Herbeieilende Aktivist_innen zwangen den Fahrer vorerst anzuhalten. Der blieb aber nicht dabei. Trotz der Aufforderung, den Wagen zu stoppen, gab er erneut Gas und setzte mehrmals vor und zurück. Hierbei zogen sich mehrere Personen Prellungen zu, einem Demonstranten fuhr er trotz Warnrufen über den Fuß und blieb mehrere Sekunden darauf stehen. Erst nachdem der Fahrer überzeugt war, vom Fuß herunter zu fahren und weitere Fahrversuche zu unterlassen kam die Polizei herbei, die sich bis dahin nicht in ihrer Beobachtung der Versammlung stören ließen.

Als sie sich einmischte, beschwerte sich der Amokfahrer darüber, dass sein Auto beschädigt worden sei – was augenscheinlich nichteinmal der Fall war – so dass die Polizist_innen gegen die Demonstrant_innen vorgingen und diese mit Gewalt (schlagen und würgen) abzudrängen und Personalien aufzunehmen versuchten. Dabei wurde einer Aktivistin ein Finger gebrochen und möglicherweise die Bänder gerissen. Derjenige dessen Fuß unter den Reifen geriet, klagt bis heute über Schmerzen.

Statt Spurensicherung zu betreiben verharmloste die Polizei den Vorgang als »Verkehrsunfall« und »fahrlässig« und weigerte sich Anzeigen der Betroffenen aufzunehmen. Nun, nachdem die trotzdem erwirkten Verfahren gegen den Mann, der seiner Aussage zufolge wegen des »Packs« Umweltaktivist_innen »schon viel Geld verloren« habe, eingestellt wurden, sollen sich die Aktivist_innen wegen Lächerlichkeiten und Kleinigkeiten verantworten.

So wurden einige der rund 40 Aktivist_innen vorgeladen, um wegen angeblicher Sachbeschädigung, Bedrohung und Beleidigung vernommen zu werden. Einem soll am Montag, den 06.10.2014 um 11:00 vor dem Amtsgericht Besigheim im Sitzungssaal 100 der Prozess gemacht werden, weil er einen Polizisten Beleidigt haben soll. Er hätte ihn geduzt und
aufgefordert: »Laber doch ned so ne Scheiße«.

Im niedersächsischen Lingen sind derzeit ebenfalls mehrere Verfahren in Sachen Widerstand gegen die Atomindustire anhängig. Am 24. September, 14. Oktober, 17. Oktober, 24. Oktober, 7. November und 14. November (an einigen Tagen bis zu drei Prozesstermine an einem Verhandlungstag) wird gegen eine ganze Reihe von Aktivist_innen anlässlich einer Blockade der dortigen Brennelementefabrik verhandelt.

»Solidarische und Atomkraftkritische Menschen« seien aufgefordert und eingeladen, so der Betroffene, ihn zu unterstützen und den Prozess zu begleiten: »Wir werden es uns natürlich auch nicht nehmen lassen, unserer Kritik an der Atomindustrie auch vor Gericht Ausdruck zu verleihen. Wenn sie den Prozess wollen, sollen sie ihn auch bekommen.«

Auch die in Lingen betroffenen geben sich kämpferisch: »Wir wollen uns von der staatlichen Repression nicht einschüchtern lassen und deshalb kommen wir wieder. Egal wie die Prozesse ausgehen – Wir blockieren direkt nach der Verhandlung am 24. September erneut!«

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