Alle Jahre wieder: Castor (oder Urantransport), Widerstand und Repression
Kein Castortransport ohne Schienenblockade – klaro, wenn der Zug kommt sind wir schon da, weil jede Verschiebung des radioaktiven Mülls Wahnsinn ist, solange laufend mehr davon produziert wird und keine_r weiß wohin damit.
Auch nicht ungewöhnlich: Ein paar Wochen, Monate, manchmal Jahre nach den Aktionen flattert ein Bußgeldbescheid der Bundespolizei ins Haus. Nun stellt sich die Frage: Bezahlen oder widersprechen? Seit einer Umstrukturierung ist deutschlandweit ein einziges Amtsgericht mit allen Ordnungswidrigkeitenverfahren im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei (also v.a. Unerlaubtes Betreten der Schienen und andere Verstöße gegen die Eisenbahn-Bau-und-Betriebsordnung) betraut. Es handelt sich dabei um das Amtsgericht in Potsdam. Egal ob in Lubmin, Karlsruhe oder im Wendland: Wer einem Bußgeld wegen Aktionen an der Schiene widerspricht, landet in Potsdam vor Gericht. Damit kommt diesem Gericht eine ganz besondere Rolle bei der Kriminalisierung das Anti-Atom-Widerstands zu.
Kontakt: ordnungswidrig@nirgendwo.info
Aktuelles
Urantransportstopp an der Moseltalbrücke 2018
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Am 1. September 2018 stoppten mehrere Aktivist*innen einen Zug mit Uranerzkonzentrat, zwei davon hatten sich von der über 100m hohen Moseltalbrücke über der Strecke abgeseilt (Zusammenfassende Pressemitteilung zur Aktion | Fotostrecke | Infos zu Uranerzkonzentrat | Infos zur Transportroute von Uranerzkonzentrat)
- Zunächst wurden Strafverfahren wegen Nötigung und Störung öffentlicher Betriebe eingeleitet, diese wurden jedoch im November 2019 eingestellt, allerdings mit dem Hinweis, dass das Bußgeldverfahren an die Bundespolizei abgegeben wurde.
- Im Dezember 2018 gab es einige kleinere Soli-Aktionen in Koblenz, Köln und Winningen.
- Es gibt noch keine Bußgeldbescheide, aber Verfahren in Potsdam sind nicht ganz unwahrscheinlich.
Urantransportstopp in Buchholz 2016
- Zwei Aktivistinnen, denen vorgeworfen wird, sich im April 2016 vor einem Urantransport in Buchholz abgeseilt zu haben (Aktionsbericht) erhalten Bußgeldbescheide in Höhe von je 500 Euro wegen Verstoß gegen die Eisenbahnbau- und Betriebsordnung. Widerspruch wurde eingelegt. Zuständig für die Bußgeldverfahren sind die Richterinnen Ahle und Rammoser-Bode am Amtsgericht Potsdam.
- Verfahren gegen die erste Kletterin
- Der erste Prozess findet am 06. September 2017 um 11 Uhr vor dem AG Potsdam statt. Zur Ankündigung.
- Berichte Prozesstag 1 ; Prozesstag 2
- Nach der Revision wurde das Bußgeldverfahren vom OLG eingestellt.
- Das Verfahren gegen die zweite Kletterin läuft noch, bisher kam es zu keinem Prozesstermin. (Stand: 2018)
Weitere mit den Verfahren zusammenhängende Auseinandersetzungen in Potsdam:
- Eichhörnchen gegen den Landgerichtspräsidenten – Die Klage einer Aktivistin wurde am 9.4.2014 vor dem Verwaltungsgericht Potsdam verhandelt. Es geht um die Zulässigkeit von Eingangskontrollen und einem Demoverbot bei einem Castorprozess im Dezember 2012 – der Landgerichtspräsident hatte eine Sicherheitsverfügung erlassen. 2016 liegt die Klage vorm Oberverwaltungsgericht. 2017 vor dem Bundesverfassungsgericht.
Bereits abgeschlossene Verfahren:
Aktionen 2012
- Bußgelder gegen zwei Aktivist*innen, die sich an einer Uranzugblockade bei Steinfurt im Sommer 2012 beteiligten und „angekettete“ Personen betreuten: Eine Einstellung nach Widerspruch, ein rechtskräftiges Bußgeld wegen Ortsabwesenheit und deshalb verspätetem Widerspruch. (Seite zum Ankettverfahren in Steinfurt)
Aktionen 2011
- Transparentaktion am Göttinger Bahnhof im Rahmen einer Anti-Atom-Demonstration im Mai 2011, wurde in Potsdam zusammen verhandelt mit Gorleben-Castor 2011 (Blockade Hebenshausen) und Lubmin-Castor 2011 (Blockade Ronshausen). Alles zusammen in Potsdam nach Mini-Verhandlung eingestellt.
Aktionen 2010 (Castoren nach Gorleben und Lubmin)
- Sitzblockaden bei den Castortransporten nach Lubmin 2010 und 2011. Ein Verfahren endete sehr schnell mit einer Einstellung, ein weiteres Verfahren endete nach zwei Verhandlungstagen ebenfalls mit einer Einstellung.
- Kletteraktion gegen ein Castortransport von Cadarache nach Lubmin; Dezember 2010 (8 Betroffene). Alle Verfahren gegen die Betroffenen wurden eingestellt. Es läuft noch eine angenommene Verfassungsbeschwerde zum Lubmin-Castor gegen den Staat.
- Doppelblockade vom Castor 2010 (Aktionsbericht):
- Schienenblockade beim Castortransport 2010 in Altmorschen (23 der Betroffenen haben Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid über 100 Euro eingelegt, das Gericht hat eine Reduktion auf 40 Euro angeboten, einige der Betroffenen werden dem wohl zustimmen und bezahlen, einige wollen das Angebot ablehnen, Prozesse wurden geführt, mittlerweile sind alle noch offenen Verfahren wahrscheinlich eingestellt)
Erfahrungsbericht zur Prozessführung aus Göttingen - Bei dieser 3-stündigen Abseilblockade gegen den Castor 2010 (Aktionsbericht)nach Gorleben bei Altmorschen drohten auch den Kletternden und deren Unterstützer_innen Bußgelder (5 Betroffene haben Bußgelder erhalten, mittlerweile sind alle Verfahren eingestellt)
- Schienenblockade beim Castortransport 2010 in Altmorschen (23 der Betroffenen haben Rechtsmittel gegen den Bußgeldbescheid über 100 Euro eingelegt, das Gericht hat eine Reduktion auf 40 Euro angeboten, einige der Betroffenen werden dem wohl zustimmen und bezahlen, einige wollen das Angebot ablehnen, Prozesse wurden geführt, mittlerweile sind alle noch offenen Verfahren wahrscheinlich eingestellt)
- Verfahren gegen einen Atomkraftgegner aus Flensburg, der sich 2010 an Protesten gegen den Castortransport beteiligt hatte. Der Verfahrensausgang ist unbekannt, vermutlich ist das Verfahren jedoch beendet.
Aktionen 2009
- Kletterprotest gegen Probe-Castortransport von Gorleben nach La Hague ; 2 Betroffene, jeweils 500 Euro Bußgeld ,ein Prozess endete mit einer Verurteilung, gegen die Rechtsbeschwerde eingelegt wurde, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde, das zweite Verfahren wurde direkt im Prozess vor dem AG eingestellt.
- 2-stündige Kletterblockade an einer Brücke bei Münster gegen einen Urantransport von Gronau nach Frankreich ; eine Betroffene, 250 Euro Bußgeld – Das Verfahren wurde bei einer Verhandlung vor dem AG Potsdam eingestellt.
Aktionen 2008 (Castor)
- 5-stündige Kletterblockade auf einer Brücke in Lüneburg beim Rücktransport des Castor-Fahrgestells nach Frankreich ; 2 Betroffene, 500 Euro Bußgeld, ein Prozess endete mit einer Verurteilung, gegen die Rechtsbeschwerde eingelegt wurde, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde, das zweite Verfahren wurde direkt im Prozess vor dem AG eingestellt.
- Ein Unterstützer der Betonblock-Ankettaktion in Wörth 2008 hat Rechtsmittel eingelegt gegen den ergangenen Bußgeldbescheid, es gab 2012 und 2013 mehrere Prozesstage und das Verfahren wurde schließlich eingestellt. www.bloxberg.blogsport.de
- Kletteraktivist_innen von Robin Wood, die im Vorfeld zum Castortransport 2008 symbolisch drei Brücken an der Bahnstrecke Lüneburg-Dannenberg besetzt hatten (Elbe-Seitenkanal-Brücke, Brücke in Wendisch Evern und eine Brücke im Bereich Lüneburg) und dort Transparente aufgehängt hatten (Pressemitteilung) haben Bußgeldbescheide erhalten und teilweise dagegen Rechtsmittel eingelegt. Die Bußgelder betragen 250 bis 500 Euro. In den Verfahren vor Amtsrichterin Büllow wurden die Bußgelder auf 40 Reduziert (Brückenaktion bei Wendisch Evern), diese Verfahren sind rechtskräftig abgeschlossen. Die Verfahren um die Aktion an der Elbe-Seitenkanalbrücke sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Die Aktivist_innen wurden von Richterin Ahle im Winter 2012 zu 100 bis 150 Euro Bußgeld verurteilt. Die Urteile wurden im Winter 2013-14 durch das OLG aufgehoben und die Verfahren eingestellt.
- Castor 2008, Wendland, Oldendorfer Brücke. Kletteraktion zweier Aktivist_innen kurz vor der Durchfahrt des Castors (Sonntag gegen 21:00) an der Brücke über der Schiene. Sehr fahrlässige Räumung von Bfs-Einheiten, der Prozess Ende 2012 endete mit einer Einstellung des Verfahrens.
Weitere Fälle (gegen Nazis)
Das ist zwar etwas off-topic an dieser Stelle, aber auch Antifaschist_innen sind von Repression in diesem Zusammenhang betroffen. Daher hier nun auch eine Liste weiterer Fälle:
- Juni 2009, Kletteraktion am Wasserturm des Hauptbahnhofs Halle/Saale. Es wurde ein Transpi “Nie wieder Faschismus” aufgehängt. Die Bahn sah sich veranlasst die direkt neben dem Wasserturm laufende Strecke aus Richtung Magdeburg für eine halbe Stunde zu sperren – dies hatte zur Folge dass einige Nazis etwas später zu ihrem geplanten Aufmarsch kamen.
- Kletterprotest gegen einen Naziaufmarsch auf dem Dach der Lüneburger Bahnhofes im April 2009, 2 Betroffene, 100 Euro Bußgeld, ein Prozess endete mit einer Verurteilung, gegen die Rechtsbeschwerde eingelegt wurde, woraufhin das Verfahren eingestellt wurde, das zweite Verfahren wurde direkt im Prozess vor dem AG eingestellt. https://de.indymedia.org/2009/04/246949.shtml
Über Ergänzungen/ Fragen/ Anregungen freuen wir uns!